Wieviel Macht hat das Arbeitsamt/Bagis?

Im Jahr 2022 soll anstelle von Hartz 4 das Bürgergeld kommen.
An dieser Stelle hatte ich über Jahre das Hartz 4 Forum für Diskussionen rund um Hartz 4 zur Verfügung gestellt.

Nun wird Hartz 4 bald Geschichte sein und in Bürgergeld umgetauft werden.
Es soll beim Bürgergeld aber auch viele Änderungen geben.

Ich möchte hier im Forum alle recht herzlich einladen sich zum neuen Bürgergeld auszutauschen.


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svenjajaja
Beiträge: 3
Registriert: 13.12.2005 17:20

Wieviel Macht hat das Arbeitsamt/Bagis?

Beitrag von svenjajaja »

Hallo!
Wieviel Macht hat das Arbeitsamt/Bagis?
Ich möchte mal wissen, was schlimmstenfalls einem Alg II-Empfänger passieren kann, wenn er einen 1 Euro job nicht akzeptiert.
Wie lange und wie viel Euro kürzt das amt? Soviel, das nur noch die miete bezahlt werden kann?
Ich möchte das wissen, weil ich das ent-machten oder“ ent-angsten“ will.

Weiß da jemand bescheid? Oder war mal jemand so stur und hat es darauf ankommen lassen?
Danke für ehrliche antworten!
Daniel81
Beiträge: 288
Registriert: 08.12.2005 18:13
Wohnort: Berlin-Weißensee

Beitrag von Daniel81 »

Hallo Svenjajaja,

also ich hatte noch nie einen Euro Job aber ne ehrliche Antwort kann ich dir trotzdem dazu geben:

(1) Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30% vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn

1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die
Rechtsfolgen weigert,
a) eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen,
b) in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen,
insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen
nachzuweisen,
c) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit
aufzunehmen
oder fortzuführen, oder
d) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 auszuführen,
2. der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen
oder
Anlass für den Abbruch gegeben hat.

Abssenkung oder wegfall von Leistungen dauern jeweils drei Monate.
Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen
Grund für sein Verhalten nachweist.

Habe hier noch einige Sachen gefunden für dich.

Ein 24-Jähriger kann nach einem Eilentscheid des Sozialgerichts nicht gezwungen werden, einen Ein-Euro-Job anzunehmen. Der Erwerbslose muss wegen seiner Ablehnung des Jobs auch nicht mit der üblichen Kürzung des Arbeitslosengeldes rechnen. Vielmehr, so das Gericht, habe der Mann einen "klar rechtswidrigen Zustand" von sich aus beendet. Laut Gerichtssprecher Michael Kanert ist das Urteil eine "absolute Ausnahme". Noch nie zuvor habe das Gericht bei Auseinandersetzungen um Ein-Euro-Jobs eine Eilentscheidung gefällt. Dies sei normalerweise nicht üblich.

Der Mann war vom Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg in die nicht genauer beschriebene Maßnahme "Integration für Jugendliche ohne Beruf mit Förderbedarf" vermittelt worden. Der Arbeitslose hatte zuvor erfolgreich die Berufsfachschule für Wirtschaftsassistenten absolviert und später die Fachhochschulreife nachgeholt. Eine Prüfung zum Studiengang "freie bildende Kunst" hat der Erwerbslose ebenfalls bestanden. Das Gericht stellt fest: "Der Antragsteller macht geltend, er gehöre weder zum Personenkreis besonders förderungsbedürftiger Jugendlicher, noch erfülle die Arbeitsgelegenheit den vorgeschriebenen Zweck. Die zugewiesenen Aufgaben beschränken sich auf Hilfstätigkeiten bei der Reinigung und im Bürobereich." Es sei aber zwingend erforderlich, dass das Jobcenter "eindeutig und verbindlich" Arbeitsinhalte, genaue wöchentliche Arbeitszeit und Arbeitszeitverteilung festlege. Nur mittels einer solchen, vorherigen Prüfung könne beurteilt werden, ob die Arbeitsgelegenheit wirklich eine zusätzliche, gemeinnützige und arbeitsmarktpolitisch sinnvolle Tätigkeit sei.

Das rasche Urteil - es wurde innerhalb von drei Wochen gefällt - begründet das Sozialgericht damit, dass es dem Mann nicht zugemutet werden könne, Sanktionen wie die Kürzung des Arbeitslosengeldes II "auch nur kurzfristig hinzunehmen." Da der Erwerbslose kein Vermögen habe, würde die 30-prozentige Kürzung ihn in einem "weit über den Normalfall hinausgehenden Ausmaß" treffen. Das Gericht wirft dem Jobcenter "eine so gravierende Verletzung maßgeblicher Standards" vor, die dazu berechtige, die Maßnahme abzubrechen.

Weitere gefundene Sachen zum Thema:

"Für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Werden Gelegenheiten für im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten nicht nach Absatz 1 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gefördert, ist den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzüglich zum Arbeitslosengeld II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen; diese Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz sind entsprechend anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfebedürftige nur wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer." (§ 16 Abs. 3 SGB II)

Zwar galt für die BezieherInnen von Arbeitslosenhilfe noch bis zum 31.12.2004, dass bei Ablehnung eines "1- Euro-Jobs" kein Verlust der Leistung drohte. Doch ab dem 1.1.2005, wenn Sie den Bescheid auf Arbeitslosengeld II in der Tasche haben kann die Ablehnung einer Arbeitsgelegenheit zu einer 30-prozentigen Kürzung Ihrer Regelleistung führen, wenn kein wichtiger Grund für die Ablehnung des Jobs vorliegt.
Wie können Sie sich dennoch zur Wehr zu setzen?

Ein Widerspruch gegen eine von der Arbeitsagentur zugewiesene Eingliederungsmaßnahme in Arbeit hat keine aufschiebende Wirkung mehr. Sie können zwar Widerspruch einlegen, müssen aber der Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit zunächst Folge leisten bis zu einem erfolgreichen Widerspruchsbescheid.

Trotzdem ist es wichtig, eine Zuweisung in einen 1-Euro-Job nicht widerspruchslos hinzunehmen. Vor einem Widerspruch sind aber zunächst folgende Fragen zu klären: Prüfen Sie, ob die Arbeitsgelegenheit zum Zweck der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt tatsächlich erforderlich ist und andere Maßnahmen vorher geprüft wurden und gescheitert sind. Grundsätzlich muss die Agentur auf Ihr Verlangen hin die Erforderlichkeit einer solchen Zuweisung begründen (§ 3 SGB II, § 35 Abs.1 SGB X, § 33 Abs. 2 SGB X), denn bei den Arbeitsgelegenheiten handelt es sich um nachrangige Leistungen, wenn "erwerbsfähige Hilfebedürftige keine Arbeit finden können." Dies setzt voraus, dass viele Eigenbemühungen vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen unternommen wurden und die Arbeitsagentur davon Kenntnis hat. Ist letzteres nicht der Fall, ist nach § 15 SGB II der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung vorrangig wie auch das Angebot bzw. Verlangen nach Arbeitsfördermaßnahmen gemäß § 16 Abs. 1 SGB II.

Besteht der Verdacht, dass durch sog. "Arbeitsgelegenheiten" reguläre Beschäftigung ersetzt werden soll, so sollten Sie auch mit einem Anwalt die Möglichkeit arbeitsrechtlicher Klagen prüfen (Lohnleistungsklage, Feststellungsklage). Teilen Sie dies an Ihrem Einsatzort mit, damit der Träger Kenntnis vom möglichen Rechtsstreit hat.

Legen Sie auch Widerspruch ein, wenn Folgendes nicht zufriedenstellend beantwortet wurde:

* Wurden Ihre Eigenbemühungen geprüft, wurden Sie zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung aufgefordert bzw. wurde Ihnen eine Maßnahme nach § 16 Abs. 1 angeboten?
* Erkundigen Sie sich bei Ihren KommunalvertreterInnen, ob ein regionaler Konsens über die Einsatzfelder öffentlich geförderter Beschäftigung ("öffentliches Interesse") erzielt wurde und ob die Ihnen angetragene Arbeitsgelegenheit sich in diesem Rahmen bewegt. Lassen Sie sich das Schriftstück aushändigen. Ist letzteres nicht der Fall, geben Sie dies im Widerspruch an. Prüfen Sie, ob ein Beirat Arbeitsgemeinschaften (ARGE) besteht und ob dieser auf die Zusätzlichkeitskriterien der Arbeitsgelegenheiten achtet.
* Fragen Sie in der Arbeitsagentur bzw. im Sozialamt nach, ob für die Ihnen zugewiesene Stelle eine Arbeitsplatz- bzw. Tätigkeitsbeschreibung existiert und erkunden Sie sich, an wen sie sich wenden können, wenn darüber hinaus von Ihnen Arbeiten vom Träger verlangt werden.
* Erkundigen Sie sich beim Maßnahmeträger nach Arbeitszeitdauer, Höhe der Mehraufwandsentschädigung, den Tätigkeitsinhalt und Bedingungen für die Tätigkeit.

Suchen Sie nach Möglichkeit die betriebliche Interessenvertretung auf und prüfen Sie mit deren Hilfe folgende wichtige Sachverhalte zur Arbeitsgelegenheit (ein Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen besteht nach BetrVG § 99, wenn im Betrieb mehr als 20 Personen beschäftigt sind. Bei 1 Euro-Jobs handelt es sich zwar nicht um die Begründung eines Arbeitsverhältnisses, wohl aber kann darunter die Arbeitsaufnahme an einem bestimmten Arbeitsplatz verstanden werden[1]):

* Ist die Tätigkeit zusätzlich? (Gab es sie vorher nicht? Wurde sie ehrenamtlich geleistet? Oder haben Träger bzw. Kommune nur momentan kein Geld dazu?)
* Werden ganz sicher keine anderen Arbeitsplätze verdrängt? (Das Stammpersonal sollte mit dem vergleichbaren Personal anderer Träger verglichen werden.)
* Wurden in den letzten beiden Jahren tariflich bezahlte Stammarbeitskräfte entlassen?
* Kommen die durchgeführten Arbeiten der Allgemeinheit zugute oder privaten Zwecken?
* Gibt es eine Weiterbildungsinitiative zur qualifikationsgerechten Wiederbesetzung von freien Stellen?
* Eröffnen die geforderten Tätigkeiten und nachgefragten Qualifikationen eine Integrationsperspektive im ersten Arbeitsmarkt und besteht dort eine Nachfrage danach?
* Entsprechen die geforderten Tätigkeiten den beruflichen Qualifikationen des/r Erwerbslosen oder bewirken sie dessen/deren Dequalifizierung?
* Wie ist sichergestellt, dass die Beschäftigung zum Mehraufwandssatz von 1-2 Euro pro Stunde das letzte Mittel zur Eingliederung bleibt?
* Werden die Fahrtkosten zum Arbeitsort übernommen?
* Ist die Arbeitszeit begrenzt, damit ausreichend freie Zeit zur Arbeitssuche und Qualifizierung bleibt?
* Ist sichergestellt, dass mit der/dem Erwerbslosen ein konkreter Eingliederungsweg und ein Maßnahmeziel verabredet wurden?
* Sieht die Eingliederungsvereinbarung konkrete Qualifizierungselemente vor, auf die im Zweifel ein Rechtsanspruch besteht?
* Gibt es beim Träger eine/n Maßnahmebetreuer/in?
* Ist sichergestellt, dass mit weiteren unterstützenden Hilfen die Eingliederungsaussichten in den ersten Arbeitsmarkt verbessert werden, z.B. durch Kinderbetreuung, Schuldnerberatung usw.?
* Werden auch während der Maßnahme weitere Vermittlungsbemühungen durch die Arbeitsagentur unternommen?

Noch Fragen denn bitte unter DanielSchott@gmx.net
Gruß Daniel
svenjajaja
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Registriert: 13.12.2005 17:20

Beitrag von svenjajaja »

hallo daniel!
erstmal vielen dank für deine antwort :)
das heisst nun also, das schlimmstenfalls 30% von der regelleistung für 3 monate gekürzt werden. und wenn sich jemand danach immer noch weigert, wieder für 3 monate?
beziehen sich diese 30% nicht auch auf die miete, sondern nur auf die hlu (essen etc.)?
mehr passuert nicht? ich hätte gedacht, dass irgendwann alles gesperrt wird und man keinen cent mehr bekommt...
svenja
Daniel81
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Beitrag von Daniel81 »

Hallo Svenjajaja,

also erstmal meinste da reicht nicht weil du geschrieben hast,
"mehr passiert nicht". Hat mich schon sehr gewundert, willste noch weniger in der Tüte haben als eh schon drin ist.

Wichtige Frage: Wie alt bist du?

Erst denn kann ich dir weitere Folgen nennen.
svenjajaja
Beiträge: 3
Registriert: 13.12.2005 17:20

Beitrag von svenjajaja »

nee, aber es wundert mich, dass nicht noch mehr sanktioniert wird... ich hätte gedacht, wenn sich jemand strickt weigert, wird derjenige auf null gekürzt - also bis auf die miete kein geld vom amt bekommt.
ich bin 33 jahre alt.
grüße :wink:
Daniel81
Beiträge: 288
Registriert: 08.12.2005 18:13
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Beitrag von Daniel81 »

Hallo Svenjajaja,

ja das wird denn auch irgendwann passieren, kannst ja nicht ständig alles ablehnen, außerdem kann die Agentur darüber entscheiden, solltest du nochmals ein Angebot abschlagen, wird dein Geld um weitere 30% gekürzt.

Auszug aus dem SGB:

Bei wiederholter Pflichtverletzung, wird das Arbeitslosengeld II zusätzlich um den Vomhundertsatz der nach §20 maßgebenden Regelleistung gemindert, um den es in der ersten Stufe gemindert wurde. Hierbei können auch die Leistungen nach dem §§21 bis 23 betroffen sein. Bei einer Minderung mehr als 30% kann der zuständige Träger, in angemessenen Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen.

Das heißt irgendwann mal Essenmarken abholen.

Gruß Daniel
Keks
Beiträge: 1
Registriert: 30.12.2005 10:57

Harz, Hartz 4 und andere Verbrechen

Beitrag von Keks »

Hi @ll,

bei den bisherigen Beiträgen sind mir paar Sachen zu den besonders Förderungsbedürftigen Personen aufgefallen. Es liest sich so als ob dieser Personenkreis mehr Verpflichtungen hat als ein "normaler" Hilfebedürftiger.

Hat es für mich Nachteile wenn ich die Abteilung wechsle zu den besonders Hilfebedürftigen??? Das Arbeitsamt hat mir nämlich einige Sonderleistungen in nicht geringer Höhe angeboten wenn ich mich bereit erkläre in die andere Zuständigkeit zu wechseln. Dachte mir schon dass das vermutlich einen Haken hat.
Wie könnte ich diesen Zustand wieder ändern falls ich das Angebot annehme?

MfG
Gast

Re: Wieviel Macht hat das Arbeitsamt/Bagis?

Beitrag von Gast »

svenjajaja hat geschrieben:Hallo!
Wieviel Macht hat das Arbeitsamt/Bagis?
Hallo Svenjajaja,

Dir kann ich nur folgendes Regionalforum ans Herz legen:

Arbeitslos in Bremen

Beste Grüße und ein frohes neus 2006!
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