Arbeitslosengeld bei Insolvenz

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ALG1 wer hat Anspruch, wie viel Arbeitslosengeld 1 bekomme ich, wie ist die Berechung von ALG 1, können im Arbeitslosengeld 1 Forum besprochen werden.
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sanny
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Arbeitslosengeld bei Insolvenz

Beitrag von sanny »

Hallo,
erstmal nen dickes Lob an die "MACHER" dieser Seite.
Tja, mein jetziger Arbeitgeber hat die vorläufige Insolvenz angemeldet. Gestern haben wir Mitarbeiter die Nachricht vom Insolvenzverwalter erhalten, dass das Unternehmen geschlossen wird. Wir sollten uns doch schon mal beim Arbeitsamt "arbeitssuchend" melden bis wir die entsprechenden Bescheinigung erhalten haben.
Nun gut, heute morgen war ich beim zuständigen Arbeitsamt. Das ist wiedermal typisch "deutsche Bürokratie" gewesen. Ich mußte ein Formular mit persönlichen Daten ausfüllen und das wars. Kein Gespräch, keine weiteren Infos, gar nichts.
Hat jemand diese Situation schon einmal mitgemacht ?
Ich weiß doch gar nicht, wie es jetzt weitergeht. . .
Das ist wirklich ein sau blödes Gefühl, wenn man plötzlich arbeitslos wird. Ich glaube auch, dass können wirklich nur die Menschen nachvollziehen, die es bereits mitgemacht haben. . .

Also, über Erfahrungsberichte oder ähnliches würde ich mich sehr sehr freuen !

LG
Sanny
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DjTermi
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Beitrag von DjTermi »

Hallo sanny,
das ist natürlich nicht schön was das so abgelaufen ist.
Hier einmal in laaaang form was Du beachten musst !!! ( ist viel aber auch sehr hilfreich !! )

Der gegenüber der Bundesagentur für Arbeit (= dem Arbeitsamt) bestehende Anspruch auf Insolvenzgeld soll Sie als Arbeitnehmer davor absichern, daß Sie mit Ihren Ansprüchen auf Lohn und Gehalt ausfallen, weil Ihr Arbeitgeber insolvent geworden ist. Durch Insolvenzgeld abgesichert sind Ihre Zahlungsansprüche (Lohn, Gehalt) für die letzten drei Monate Ihres Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn Sie im Inland beschäftigt waren und innerhalb von 2 Monaten seit dem Insolvenzereignis einen entsprechenden Antrag an die Bundesagentur für Arbeit stellen.

Worin besteht der Zweck des Insolvenzeldes?

Während der Arbeitslohn für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens recht gut gesichert ist, da diese Ansprüche als sog. "Masseforderungen" aus der Insolvenzmasse vorweg, d.h. vor den gewöhnlichen Insolvenzforderungen zu erfüllen sind, sind die Lohnansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens normale Insolvenzforderungen.

Als Insolvenzforderungen müssen Lohn- und Gehaltsansprüche beim Verwalter zur Tabelle angemeldet werden und sind erst bei Beendigung des Insolvenzverfahrens zu erfüllen. "Erfüllung" heißt hier aber nur, daß jeder Insolvenzgläubiger einen kleinen Bruchteil seiner Forderungen bekommt: Belaufen sich die Insolvenzforderungen auf zum Beispiel insgesamt 10 Mio. EUR, sind aber nur 500.000 EUR zur Verteilung vorhanden, beträgt die Insolvenzquote 5 v.H., d.h. jeder Gläubiger bekommt am Ende des Insolvenzverfahrens 5 v.H. seiner Forderung.

Da man demzufolge mit Insolvenzforderungen praktisch immer zum größten Teil ausfällt, springt hier für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Arbeitsagentur mit dem Insolvenzgeld ein.

Worin bestehen die Vorteile des Insolvenzeldes gegenüber dem Arbeitslosengeld?

Das Insolvenzgeld ist eine im Vergleich zum Arbeitslosengeld bessere Leistung, da es das Nettogehalt grundsätzlich in voller Höhe und nicht nur in Höhe von 60 % ersetzt. Das Insolvenzgeld wird allerdings dann gedeckelt, wenn das Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers über der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung liegt (d.h. 5.150 EUR im Westen, 4.350 EUR im Osten). In diesem Fall wird das Insolvenzgeld nicht in voller Höhe des Nettoeinkommens gewährt, sondern Grundlage ist dann die Bemessungsgrenze.

Als Sonderleistung der Bundesagentur für Arbeit berührt die Gewährung des Insolvenzgeldes den Anspruch auf Arbeitslosengeld jedoch in keinem Fall.

Innerhalb welcher Ausschlußfrist müssen Sie Insolvenzgeld beantragen?

Insolvenzgeld müssen Sie innerhalb einer gesetzlichen Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis beantragen (§ 324 Abs.2 Satz 1 SGB III). Haben Sie diese Frist aus Gründen versäumt, die Sie nicht zu vertreten haben, so erhalten Sie dennoch Insolvenzgeld, wenn Sie den Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses stellen. "Zu vertreten" haben Sie die Versäumung der Zweimonatsfrist, wenn Sie sich nicht "mit der erforderlichen Sorgfalt" um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben (§ 324 Abs.2 Satz 3SGB III).

Wo ist Ihr Anspruch auf Insolvenzeld geregelt?

Der Anspruch auf Insolvenzgeld richtet sich nach den §§ 183 - 189 a SGB III. Diese Vorschriften lauten:


"§ 183 Anspruch

(1) Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei

1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers,

2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder

3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt,

(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Ein ausländisches Insolvenzereignis begründet einen Anspruch auf Insolvenzgeld für im Inland beschäftigte Arbeitnehmer. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Als Arbeitsentgelt für Zeiten, in denen auch während der Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht (§ 7 Abs. 1a Viertes Buch), gilt der auf Grund der schriftlichen Vereinbarung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im jeweiligen Zeitraum bestimmte Betrag.

(2) Hat ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines Insolvenzereignisses weitergearbeitet oder die Arbeit aufgenommen, besteht der Anspruch für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses.

(3) Anspruch auf Insolvenzgeld hat auch der Erbe des Arbeitnehmers.

(4) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Beschluß des Insolvenzgerichts über die Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse dem Betriebsrat oder, wenn ein Betriebsrat nicht besteht, den Arbeitnehmern unverzüglich bekanntzugeben.

§ 184 Anspruchsausschluss

(1) Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die

1. er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat,

2. er durch eine nach der Insolvenzordnung angefochtene Rechtshandlung oder eine Rechtshandlung erworben hat, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtbar wäre oder

3. der Insolvenzverwalter wegen eines Rechts zur Leistungsverweigerung nicht erfüllt.

(2) Soweit Insolvenzgeld auf Grund eines für das Insolvenzgeld ausgeschlossenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt erbracht worden ist, ist es zu erstatten.

§ 185 Höhe

(1) ) Insolvenzgeld wird in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 Abs. 4) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird.

(2) Ist der Arbeitnehmer

1. im Inland einkommensteuerpflichtig, ohne daß Steuern durch Abzug vom Arbeitsentgelt erhoben werden oder

2. im Inland nicht einkommensteuerpflichtig und unterliegt das Insolvenzgeld nach den für ihn maßgebenden Vorschriften nicht der Steuer,

ist das Arbeitsentgelt um die Steuern zu vermindern, die bei Einkommensteuerpflicht im Inland durch Abzug vom Arbeitsentgelt erhoben würden.

§ 186 Vorschuß

Das Arbeitsamt kann einen Vorschuß auf das Insolvenzgeld erbringen, wenn

1. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers beantragt ist,

2. das Arbeitsverhältnis beendet ist und

3. die Voraussetzungen für den Anspruch auf Insolvenzgeld mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt werden.

Die Agentur für Arbeit bestimmt die Höhe des Vorschusses nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Vorschuß ist auf das Insolvenzgeld anzurechnen. Er ist zu erstatten, soweit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur in geringer Höhe zuerkannt wird.

§ 187 Anspruchsübergang

Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen, gehen mit dem Antrag auf Insolvenzgeld auf die Bundesagentur über. Die gegen den Arbeitnehmer begründete Anfechtung nach der Insolvenzordnung findet gegen die Bundesagentur statt.

§ 188 Verfügungen über das Arbeitsentgelt

(1) Soweit der Arbeitnehmer vor seinem Antrag auf Insolvenzgeld Ansprüche auf Arbeitsentgelt einem Dritten übertragen hat, steht der Anspruch auf Insolvenzgeld diesem zu.

(2) Von einer vor dem Antrag auf Insolvenzgeld vorgenommenen Pfändung oder Verpfändung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt wird auch der Anspruch auf Insolvenzgeld erfaßt.

(3) Die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche auf die Bundesanstalt übergegangen sind und sie Insolvenzgeld an den Berechtigten erbracht hat.

(4) Der neue Gläubiger oder Pfandgläubiger hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die ihm vor dem Insolvenzereignis ohne Zustimmung der Agentur für Arbeit zur Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte übertragen oder verpfändet wurden. Die Agentur für Arbeit darf der Übertragung oder Verpfändung nur zustimmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß durch die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt.

§ 189 Verfügungen über das Insolvenzgeld

Nachdem das Insolvenzgeld beantragt worden ist, kann der Anspruch auf Insolvenzgeld wie Arbeitseinkommen gepfändet, verpfändet oder übertragen werden. Eine Pfändung des Anspruchs vor diesem Zeitpunkt wird erst mit dem Antrag wirksam.

§ 189a Datenaustausch und Datenübermittlung

(1) Ist der insolvente Arbeitgeber auch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union tätig, teilt die Bundesagentur dem zuständigen ausländischen Träger von Leistungen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers das Insolvenzereignis und die im Zusammenhang mit der Erbringung von Insolvenzgeld getroffenen Entscheidungen mit, soweit dies für dessen Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Übermittelt ein ausländischer Träger der Bundesagentur entsprechende Daten, darf sie diese Daten zum Zwecke der Erbringung von Insolvenzgeld nutzen.

(2) Die Bundesagentur ist berechtigt, Daten über geleistetes Insolvenzgeld für jeden Empfänger durch Datenfernübertragung an die in § 32b Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes bezeichnete Übermittlungsstelle der Finanzverwaltung zu übermitteln.
Rechtsansprüche können aufgrund der hier gemachten Aussagen nicht begründet werden. Die im Text gemachten Darstellungen stellen nicht die offizielle Meinung der Bundesagentur für Arbeit dar und sind von ihr unabhängig entstanden. :!: Im Einzelfall erbringe ich keine Rechtsdienstleistungen, sondern gewähre lediglich Freundschaftshilfe.
sanny
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Beitrag von sanny »

Hi Du,
vielen Dank für die super schnelle und ausführliche Antwort :-))) !!!!!

Mein Problem besteht im Moment darin, dass der Arbeitsgeber die vorläufige Insolvenz angemeldet hat und der Insolvenzverwalter uns gestern mitteilte, dass das Insolvenzverfahren frühstens Mitte Mai beantragt wird (bzw. Mangels Masse nicht zu stande kommt). Ich hab schon reichlich im Internet geforscht und irgendwie steht überall, dass man dieses Insolvenzgeld erst ab Tag der Insolvenz (also nicht vorläufige Insolvenz) beantragen kann. Stimmt das so ?
Das heißt nämlich für mich, dass ich am 25.02. (!!!) mein letztes Gehalt bekomme habe und frühstens Mitte Mai Insolvenzgeld beantragen kann ! Das ist ein verdammt langer Zeitraum ohne Knete ! Und Arbeitslosengeld kann ich doch wohl erst beantragen, wenn ich wirklich arbeitslos bin, d.h. gekündigt wurde, oder ????

Wäre super nett, wenn ich nochmal Hilfe bekommen würde !!!

LG
Sanny
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Beitrag von DjTermi »

Ja es ist wohl so das Du das Geld erst beantragen kannst wenn Du 2-3 Gehälter nicht bekommen hast. Als Tip würde ich zur ARGE gehen und dir ein Antrag ab holen. Ich komme aus den Leistungsbereich für ALG I deswegen kenne ich mich da nicht 100 % aus. ALO kannst du dich erst melden wenn Du auch eine Kündigung hast !

Ich drücke Dir/euch die Daumen was alles gut wird.
Rechtsansprüche können aufgrund der hier gemachten Aussagen nicht begründet werden. Die im Text gemachten Darstellungen stellen nicht die offizielle Meinung der Bundesagentur für Arbeit dar und sind von ihr unabhängig entstanden. :!: Im Einzelfall erbringe ich keine Rechtsdienstleistungen, sondern gewähre lediglich Freundschaftshilfe.
sanny
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Beitrag von sanny »

Sorry, hört sich jetzt vielleicht dumm an, aber was heißt ARGE ??? :oops:
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Beitrag von DjTermi »

Arbeitsgemeinschaft Harz4 ;) Gibt keine dummen fragen, nur dumme Antworten :D
Rechtsansprüche können aufgrund der hier gemachten Aussagen nicht begründet werden. Die im Text gemachten Darstellungen stellen nicht die offizielle Meinung der Bundesagentur für Arbeit dar und sind von ihr unabhängig entstanden. :!: Im Einzelfall erbringe ich keine Rechtsdienstleistungen, sondern gewähre lediglich Freundschaftshilfe.
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