Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Im Jahr 2022 soll anstelle von Hartz 4 das Bürgergeld kommen.
An dieser Stelle hatte ich über Jahre das Hartz 4 Forum für Diskussionen rund um Hartz 4 zur Verfügung gestellt.

Nun wird Hartz 4 bald Geschichte sein und in Bürgergeld umgetauft werden.
Es soll beim Bürgergeld aber auch viele Änderungen geben.

Ich möchte hier im Forum alle recht herzlich einladen sich zum neuen Bürgergeld auszutauschen.


Jeder der sich im Bürgergeld Forum kostenlos registriert kann auch Antworten direkt an Seine E-Mail Adresse geschickt bekommen.

Ich hoffe das dieses Forum ein wenig bei den vielen Fragen zum neuen Bürgergeld behilflich sein kann.

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niceboy
Beiträge: 2
Registriert: 14.04.2008 15:43

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Beitrag von niceboy »

Guten Tag,

ich beziehe ALG 2 und Einkünfte aus einem Hobby-Gewerbe.
Das Gewerbe besteht seit 1984.
Bisher konnte man zur Gewinnermittlung die Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben eines Kalenderjahres zugrunde legen und diese mit dem Einkommensteuerbescheid nachweisen. Der Jahresgewinn wurde von der ARGE gerechterweise durch 12 Monate geteilt und monatlich auf die Regelleistung angerechnet.

Seit 01.01.2008 gibt es eine neue ARGE-Vo ( § 3 ALG II Vo ) zur Anrechnung von Einkommen gem. § 11 SGB II
http://bundesrecht.juris.de/algiiv_2008/__3.html

Zum neuen Weiterbewilligungsantrag ist man als Gewerbetreibender zusätzlich verpflichtet die Anlage EKS http://www.arbeitsagentur.de/zentraler- ... ger-kn.pdf auszufüllen um dort seine zu erwartenden Gewinne zu erklären.
Hierzu gibt es eine Hinweis-Anlage: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler- ... EKS-kn.pdf

In der Anlage EKS befindet sich wiederum eine Anlage, die Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft im Bewilligungszeitraum.
Hier muss man nun vorläufige Angaben machen und die monatlichen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben schätzen!
Am Ende des Bewilligungszeitraumes muss man die gesamte Anlage EKS incl. aller Anlagen erneut ausfüllen und die abschließenden Angaben (Einnahmen - Ausgaben) erklären und nachweisen.

Soweit, so gut :wink:

Also habe ich mich an die Schätzung rangewagt. Zu meiner Sicherheit habe ich nur die Verträge berücksichtigt, die im zukünftigen Bewilligungszeitraum bereits abgeschlossen sind.

Bitte habt Verständnis, dass ich hier nur ein "fiktives" Beispiel gebe. So ähnlich sieht meine Selbsteinschätzung aus:

Monat April: Einnahmen 300,00 € - Ausgaben 50,00 € = Gewinn 250,00 €
Monat Mai: Einnahmen 0,00 € - Ausgaben 50,00 € = Gewinn - 50,00 €
Monat Juni: Einnahmen 300,00 € - Ausgaben 50,00 € = Gewinn 250,00 €
Monat Juli: Einnahmen 0,00 € - Ausgaben 50,00 € = Gewinn - 50,00 €
Monat August: Einnahmen 300,00 € - Ausgaben 50,00 € = Gewinn 250,00 €
Monat September: Einnahmen 0,00 € - Ausgaben 50,00 € = Gewinn -50 €

Ich fühlte mich auf der sicheren Seite, dass diese Schätzung gemäß § 3 Absatz 4 Satz 1 ALG II Vo berechnet wird.
Zitat:
Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.

Das würde dann so aussehen: (250,00 - 50,00 + 250,00 - 50,00 +250,00 - 50,00) / 6 Monate = 100,00 € je Monat.

Folge, ich hätte einen monatlichen Gewinn in Höhe von 100,00 €, dieser müsste als monatlicher Hinzuverdienst auf die Regelleistung angerechnet werden.
Da 100,00 € auch die Höhe des Freibetrages sind, müsste die Regelleistung ohne Abzug in voller Höhe gezahlt werden.

Doch die ARGE hält, wie immer, lustige Überraschungen bereit! :clap:

Nun erhielt ich den Bescheid für den zukünftigen Bewilligungszeitraum mit der Information ...über Ihren Anspruch auf Leistungen kann ich derzeit noch nicht abschließend entscheiden. Für Sie werden Leistungen für die Zeit vom...bis...gemäß §40 Abs.1,Nr.1a SGB II i.V.m. §328 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB III (vgl. Gesetzestext) jedoch bereits vorläufig wie folgt bewilligt.

Hier kommt die große Überraschung!

Die Monate, in denen ich Verlust (im vorangegangenen Beispiel Mai, Juli, September je 50,00 €) mache, wird die Regelleistung ohne Abzug gezahlt.

In den Monaten, in denen ich ein Gewinn (im vorangegangenen Beispiel April, Juni, August je 250,00 €) erziele, wird die Regelleistung gekürzt unter der Berechnung des Gewinns des einzelnen Monats.

Beispiel: Regelleistung: 650,00 € (fiktive Summe); Laufendes Einkommen aus Selbstaendigkeit: 250,00 €; abzüglich Freibetrag: 130,00 €; Das heißt 250,00 € - 130,00 €= 120,00 €; Folgeberechnung: 650,00 € - 120,00 €= 530,00 €;

Somit habe ich in den 3 Monaten mit Gewinnerzielung einen Bedarf nach Einkommensberücksichtigung (hier im Beispiel aus Einfachheitsgründen incl. Kosten für Unterkunft und Heizung) einen Anspruch auf Regelleistung in Höhe von 530,00 €.

Dies wiederum würde bedeuten, dass mir im Bewilligungszeitraum insgesamt 360,00 € von der Regelleistung abgezogen werden. Die Monate in denen ich Verluste mache werden nicht berücksichtigt.

Nun habe ich mir mal § 3 Absatz 1 ALG II näher angeschaut.

Zitat:
(1) 1Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. 2Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) tatsächlich zufließen. 3Wird eine Erwerbstätigkeit nach Satz 1 nur während eines Teils des Bewilligungszeitraums ausgeübt, ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen.

Nach Satz 3 scheint die ARGE den Bescheid korrekt ausgestellt zu haben, denn in dem in Satz 3 verwiesenen Satz 1 steht ...ist von den Betriebseinnahmen auszugehen.

Meines Erachtens kann dies aber nicht rechtmäßig sein, denn die ARGE kann mir doch nicht unterstellen, ich hätte in den Monaten mit negativen Einkünften keine Erwerbstätigkeit ausgeübt!
Schließlich wird ein Gewerbe grundsätzlich durchgehend und nachhaltig ausgeübt um die Gewinne zu steigern.
Kosten für Akquise, Telefon, Internet, Werbung, Instandhaltung, Wartung, Neuanschaffungen, Bürobedarf, Fahrkosten, usw. fallen doch, fasst immer, regelmäßig an, unabhängig ob ich in dem Monat Einnahmen habe oder nicht.
Mit welchem Recht bleiben Monate mit negativen Einkünften unberücksichtigt?
Bei gut laufenden Monaten kassiert die ARGE mit (immerhin 80 % der Gewinne, die über dem Freibetrag von 100,00 € liegen) und bei schlechten Monaten liegt das Risiko ganz alleine beim Antragsteller?
Die ARGE kürzt nach dem neuen Gesetz nicht den Regelsatz, sondern mindert meines Erachtens den Gewinn des Gewerbebetriebes. Erst der bereinigte Gewinn, also nach Abzug aller Ausgaben im Bewilligungszeitraum wäre gerecht.


Nun zu meinen Fragen:

Hat die ARGE bei der Berechnung tatsächlich richtig gehandelt?
Würdet ihr gegen den Bescheid Widerspruch einlegen?
Wenn ja, mit welcher Begründung?
Da der Bescheid ja vorläufig ist, muss ich den Widerspruch gegen den vorläufigen Bescheid machen oder muss ich auf endgültigen Bescheid bis nach dem Bewilligungszeitraum warten?

Über kompetente Antworten würde ich mich sehr freuen.

MfG

niceboy :D

P.S.
Info am Rande :lol:
Ich weiß, dass man Selbstständig nach neuer Rechtschreibreform mit Doppel-st schreibt.
Die Gesetze und ARGE-Bescheide sind allerdings noch nach alter Rechtschreibreform erstellt!
luckluke111
Beiträge: 1
Registriert: 26.06.2008 14:06

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Beitrag von luckluke111 »

Hallo, das würde mich auch brennend interessieren.
bei mir ist der Sachverhalt genau so.
Wäre sehr über eine Antwort im Forum dankbar.
Gruß,
Luckyluke111
niceboy
Beiträge: 2
Registriert: 14.04.2008 15:43

Erfolg mit Widerspruch

Beitrag von niceboy »

Für alle Interessierten,

ich habe damals gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt, mit der Begründung, dass die Berechnung nach geltender Rechtsgrundlage zu erfolgen hat.

In meinem Fall gem. § 11 SGB II i.Verbindung mit § 3 Abs. 4 Satz 1 ALG II-Vo.

Die Widerspruchstelle hat mir heute einen Abhilfebescheid zugeschickt, die zuviel abgezogenen Beträge werden nachgezahlt.

Somit ist wieder alles i.O.

MfG
niceboy

:D
Conny
Beiträge: 1
Registriert: 14.07.2008 18:34

Anrechnung von Einkünften aus Gewerbebetrieb

Beitrag von Conny »

Hallo,

da es ja nun weiterhin möglich ist, ein Gewerbe auszuüben und aufgrund von geringen Einkünften Sozialleistungen lt. HARTZ IV zu beziehen würde mich mal interessieren, wer von Euch wie lange diese Möglichkeit schon nutzt. :?:
Da ich inzwischen über 4 Jahre meine Ansprüche gegenüber der ARGE geltend mache, stehe ich der ganzen Anrechnung der Nebentätigkeit inzwischen ziemlich gelassen gegenüber. :wink:
Das Gute daran ist, dass man sich als Gewerbetreibender nicht total die Nerven aufreiben muß, um seine monatlichen Kosten decken zu können und das notwendigste zum Lebensunterhalt zur Verfügung hat.
Da hat unser Staat eine kulante Möglichkeit geschaffen, sich mit Eigenerwerb nicht völlig risikoreich durchschlagen zu müssen.
Also, ich für meinen Teil bin sehr froh über diese abpuffernden Geldleistungen der ARGE. :D
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