Frust (Achtung lang)
Verfasst: 27.05.2006 14:35
ich weiß es gibt x Leute denen es schlechter geht als mir, aber ich muss das jetzt mal ablassen sonst dreh ich noch komplett ab.
Ich bin 35 Jahre als und alleinerziehende Mutter dreier Kinder. 2 Jungs, ein Mädchen, 10, 16 und 17 Jahre alt.
Seit inzwischen etwa 3 Jahren bin ich arbeitslos.
Geheiratet habe ich mit 18 (ja, war naiv) rausgeworfen habe ich meinen Mann mit 22 (inzwischen hatte ich 2 Kinder) weil er ein Schläger war. Damals musste ich meinen Job aufgeben (meine Kinder waren 3 und 2), weil ich am Wochenende arbeitete. Ich suchte mir einen Putzjob und arbeitete vormittags, wenn die Kinder im Kindergarten waren, für damals 630 Mark-Basis (oder so ähnlich) und bekam zusätzlich Sozialhilfe.
Mit 25 und in einer festen Beziehung lebend, bekam ich mein 3tes Kind, 2 Jahre später war auch diese Beziehung hinüber. (wie das Leben halt so spielt)
Ich bin immer arbeiten gegangen, so wie es die Kinderbetreuung zugelassen hat. Kämpfe und kämpfte gegen die Vorurteile gegenüber Alleinerziehender, die Scheidungskindern und Sozialhilfebeziehern gegenüber. Auch glaubte ich durchaus an das Sozialsystem in Deutschland, unterstützte es mich doch durchaus mit Sozialhilfe, Unterhaltsvorschuss und einer Menge wirklich netter Sozialbearbeiter, die mich menschlich behandelten und keinen Zweifel daran ließen, dass sie mich für jemanden halten der arbeiten will. Es gab Arbeitgeber die sicher waren, dass auch eine alleinerziehende Mutter arbeiten kann, Vermieter die gerne an mich vermieteten.
Durch meinen Sozialhilfebearbeiter kam ich in ein Projekt das alleinerziehende in den Arbeitsmarkt integrieren sollte und arbeitete 1 Jahr in einer Verwaltung. Keine Sozialhilfe, ein Job in dem ich Bewies ich kann gut und viel arbeiten und es gibt keine Beschränkungen, trotz dreier Kinder. Es gab eine kleine Chance übernommen zu werden, also zog ich um. Aus unserer 3,5 Zimmer Wohnung mit 64qm in eine 4 Zimmer-Wohnung mit 90qm.
Übernommen wurde ich nicht, weil die Kosten explodierten und überall gespart werden musste. Ich bekam ein erstklassiges Zeugnis und war zuversichtlich wieder Arbeit zu finden.
Dutzende Bewerbungen und Gespräche später war klar: ich kann noch so gut sein, ich bin ae-Mutter und Arbeitgeber sehen in mir nur: 33 freie Tage wegen Krankheit der Kinder.
Dann kam Hartz 4 und ALG 2 und mit ihr die Arge.
Obwohl ja alles plötzlich besser werden sollte, stellte sich bei der Gegenüberstellung der Regelsätze heraus - monatlich haben ich und meine Familie 30 Euro weniger als mit Sozialhilfe. Ich gehöre zu den Benachteiligten dieses Systems (sagte mir jemand von einer Beratungsstelle) aber ich kann nichts tun. 1 Jahr lang kämpfte ich um den Platz in einer Umschulung, musste mir vom Arbeitsamt Fragen stellen lassen wie: Schaffen sie das denn mit 3 Kindern und Putzstelle? Bemerkungen anhören wie: Sie sind doch noch jung und hübsch, warum heiraten sie nicht einfach.
Von den Lehrern meiner Kinder (nicht von allen, aber von vielen) bekam ich immer wieder zu spüren: Typisch, nicht anwesend beim Elternsprechtag/Abend, alleinerziehend halt.
Ja, meine Kinder sind in Teilen durchaus auffällig.
Ja, das ich alleinerziehend bin hat sicher auch zu einigen dieser Dinge beigetragen.
Ja, meine Kinder erfüllen durchaus den einen oder anderen Aspekt der Pisa-Studie.
Aber, ich bin gezwungen gewesen in den letzten 2 Jahren der Umschulung 8 Stunden täglich unterwegs zu sein (Fahrtzeit jeweils 1,5 Stunden) und habe meine Putzstelle dennoch nicht aufgegeben.
Man forderte mich zum Umzug auf, ich argumentierte damit das ich irgendwann mal Zeit haben muss zu lernen oder Hausaufgaben zu beaufsichtigen. Pisa sagt Kinder mit den Voraussetzungen haben es schwer, aber meine Argumentation zählt nicht, Antrag abgelehnt.
Der Widerspruch liegt vermutlich in irgendeiner Schublade und staubt vor sich hin.
Jetzt zieht mein Jüngster zu seinem Dad, der ist als Vater vollkommen ok, das Kind liebt ihn und ich muss und will endlich arbeiten gehen und aus dem ganzen Drama raus sein. Nein, es fällt mir nicht leicht ihn gehen zu lassen, aber die Depri-Laune die ich grade an den Tag lege, kann auch nicht gut sein für das Kind.
Jetzt suche ich dann also eine neue Wohnung, darf knapp unter 500 Euro ausgeben, sammle seit 5 Wochen Zeitungen und stelle (nach x Anrufen) fest:
1. Es gibt keine Wohnungen zu dem Preis, keine 3 Zimmer Wohnungen
2. Wenn sich eine findet die nur knapp darüber liegt, wollen die Vermieter wissen wer die bezahlt. Arbeitslos? Nein danke, wir wollen sie nicht.
3. Ach sie sind alleinerziehend? Nein danke, wir wollen sie nicht.
4. Ach ihre Kinder sind schon so groß? Dann sind 3 Zimmer aber zu wenig für sie. Nein danke, wir wollen sie nicht.
Ja Himmel noch eins was soll ich denn machen?
Es gibt keine Anlaufstelle für Hilfe, null nix.
Wie mich das ankotzt, diese Ignoranz der Leute, die durch die Medien auch noch aufgestachelt wird. Klar, alle 5 Millionen Arbeitslose sind faule Schmarotzer die ein Stundeneinkommen von 9 Euro haben (neulich in einer Zeitung gelesen)
Oder ich muss mir anhören, dass manche Leute für weniger im Monat arbeiten gehen als ich vom Amt kriegen. Ja hallo, ich geh auch gerne für weniger arbeiten! Denn dann bekomme ich Wohngeld, Kindergeldzuschlag und hab unterm Strich doch mehr, selbst 50 Euro sind viel Geld.
Wie bringt ein Arbeitsloser seinen Kindern bei, dass sich Fleiß lohnt, wenn sie Zeitungen austragen für 30 Euro im Monat und das Geld angerechnet wird bis auf 5,30?
Wie bringt man ihnen bei mit Geld umzugehen, wenn man ihnen kein Taschengeld geben kann?
Wie bringt man ihnen bei, das Agression kein Weg ist, wenn sie ständig zugeben müssen nicht ins Kino/Schwimmen/in die Disco gehen zu können, weil sie kein Geld haben?
Wie erklärt man ihnen, wie Deutschland funktioniert, wenn sie sehen das man selber sich abstrampelt um nur immer wieder auf dem Bauch zu landet und keine Chance bekommt?
Ich soll Arbeit suchen und seh grad aus wie ein Schluck Wasser in der Kurve, weil ich vor Sorgen nicht mehr weiß wie es weiter geht. Ende Juli keine Wohnung mehr über dem Kopf, eine neue nicht in Sicht, von Arbeit ganz zu schweigen. Klar, sind noch 2 Monate Zeit, aber sorry, mit Kindern für die man Verantwortlich ist, finde ich sind 2 Monate wenig und diese Unsicherheit macht mich fertig.
Erst war es die Einführung von 400 Euro Jobs, die ne Menge Arbeitsplätze frass, dann kam Hartz 4, die Einführung der Quartalsbeiträge beim Arzt (ich frage mich immer wieder, was ein Rentner der eine Mini-Rente bekommt am Ende des Monats macht wenn er krank wird)
Ziel des Ganzen scheint zu sein, das sich mindestens 2,5 Millionen Arbeitsloser nen Strick nehmen.
Wer bis hierher gelesen hat, danke!
DC
Ich bin 35 Jahre als und alleinerziehende Mutter dreier Kinder. 2 Jungs, ein Mädchen, 10, 16 und 17 Jahre alt.
Seit inzwischen etwa 3 Jahren bin ich arbeitslos.
Geheiratet habe ich mit 18 (ja, war naiv) rausgeworfen habe ich meinen Mann mit 22 (inzwischen hatte ich 2 Kinder) weil er ein Schläger war. Damals musste ich meinen Job aufgeben (meine Kinder waren 3 und 2), weil ich am Wochenende arbeitete. Ich suchte mir einen Putzjob und arbeitete vormittags, wenn die Kinder im Kindergarten waren, für damals 630 Mark-Basis (oder so ähnlich) und bekam zusätzlich Sozialhilfe.
Mit 25 und in einer festen Beziehung lebend, bekam ich mein 3tes Kind, 2 Jahre später war auch diese Beziehung hinüber. (wie das Leben halt so spielt)
Ich bin immer arbeiten gegangen, so wie es die Kinderbetreuung zugelassen hat. Kämpfe und kämpfte gegen die Vorurteile gegenüber Alleinerziehender, die Scheidungskindern und Sozialhilfebeziehern gegenüber. Auch glaubte ich durchaus an das Sozialsystem in Deutschland, unterstützte es mich doch durchaus mit Sozialhilfe, Unterhaltsvorschuss und einer Menge wirklich netter Sozialbearbeiter, die mich menschlich behandelten und keinen Zweifel daran ließen, dass sie mich für jemanden halten der arbeiten will. Es gab Arbeitgeber die sicher waren, dass auch eine alleinerziehende Mutter arbeiten kann, Vermieter die gerne an mich vermieteten.
Durch meinen Sozialhilfebearbeiter kam ich in ein Projekt das alleinerziehende in den Arbeitsmarkt integrieren sollte und arbeitete 1 Jahr in einer Verwaltung. Keine Sozialhilfe, ein Job in dem ich Bewies ich kann gut und viel arbeiten und es gibt keine Beschränkungen, trotz dreier Kinder. Es gab eine kleine Chance übernommen zu werden, also zog ich um. Aus unserer 3,5 Zimmer Wohnung mit 64qm in eine 4 Zimmer-Wohnung mit 90qm.
Übernommen wurde ich nicht, weil die Kosten explodierten und überall gespart werden musste. Ich bekam ein erstklassiges Zeugnis und war zuversichtlich wieder Arbeit zu finden.
Dutzende Bewerbungen und Gespräche später war klar: ich kann noch so gut sein, ich bin ae-Mutter und Arbeitgeber sehen in mir nur: 33 freie Tage wegen Krankheit der Kinder.
Dann kam Hartz 4 und ALG 2 und mit ihr die Arge.
Obwohl ja alles plötzlich besser werden sollte, stellte sich bei der Gegenüberstellung der Regelsätze heraus - monatlich haben ich und meine Familie 30 Euro weniger als mit Sozialhilfe. Ich gehöre zu den Benachteiligten dieses Systems (sagte mir jemand von einer Beratungsstelle) aber ich kann nichts tun. 1 Jahr lang kämpfte ich um den Platz in einer Umschulung, musste mir vom Arbeitsamt Fragen stellen lassen wie: Schaffen sie das denn mit 3 Kindern und Putzstelle? Bemerkungen anhören wie: Sie sind doch noch jung und hübsch, warum heiraten sie nicht einfach.
Von den Lehrern meiner Kinder (nicht von allen, aber von vielen) bekam ich immer wieder zu spüren: Typisch, nicht anwesend beim Elternsprechtag/Abend, alleinerziehend halt.
Ja, meine Kinder sind in Teilen durchaus auffällig.
Ja, das ich alleinerziehend bin hat sicher auch zu einigen dieser Dinge beigetragen.
Ja, meine Kinder erfüllen durchaus den einen oder anderen Aspekt der Pisa-Studie.
Aber, ich bin gezwungen gewesen in den letzten 2 Jahren der Umschulung 8 Stunden täglich unterwegs zu sein (Fahrtzeit jeweils 1,5 Stunden) und habe meine Putzstelle dennoch nicht aufgegeben.
Man forderte mich zum Umzug auf, ich argumentierte damit das ich irgendwann mal Zeit haben muss zu lernen oder Hausaufgaben zu beaufsichtigen. Pisa sagt Kinder mit den Voraussetzungen haben es schwer, aber meine Argumentation zählt nicht, Antrag abgelehnt.
Der Widerspruch liegt vermutlich in irgendeiner Schublade und staubt vor sich hin.
Jetzt zieht mein Jüngster zu seinem Dad, der ist als Vater vollkommen ok, das Kind liebt ihn und ich muss und will endlich arbeiten gehen und aus dem ganzen Drama raus sein. Nein, es fällt mir nicht leicht ihn gehen zu lassen, aber die Depri-Laune die ich grade an den Tag lege, kann auch nicht gut sein für das Kind.
Jetzt suche ich dann also eine neue Wohnung, darf knapp unter 500 Euro ausgeben, sammle seit 5 Wochen Zeitungen und stelle (nach x Anrufen) fest:
1. Es gibt keine Wohnungen zu dem Preis, keine 3 Zimmer Wohnungen
2. Wenn sich eine findet die nur knapp darüber liegt, wollen die Vermieter wissen wer die bezahlt. Arbeitslos? Nein danke, wir wollen sie nicht.
3. Ach sie sind alleinerziehend? Nein danke, wir wollen sie nicht.
4. Ach ihre Kinder sind schon so groß? Dann sind 3 Zimmer aber zu wenig für sie. Nein danke, wir wollen sie nicht.
Ja Himmel noch eins was soll ich denn machen?
Es gibt keine Anlaufstelle für Hilfe, null nix.
Wie mich das ankotzt, diese Ignoranz der Leute, die durch die Medien auch noch aufgestachelt wird. Klar, alle 5 Millionen Arbeitslose sind faule Schmarotzer die ein Stundeneinkommen von 9 Euro haben (neulich in einer Zeitung gelesen)
Oder ich muss mir anhören, dass manche Leute für weniger im Monat arbeiten gehen als ich vom Amt kriegen. Ja hallo, ich geh auch gerne für weniger arbeiten! Denn dann bekomme ich Wohngeld, Kindergeldzuschlag und hab unterm Strich doch mehr, selbst 50 Euro sind viel Geld.
Wie bringt ein Arbeitsloser seinen Kindern bei, dass sich Fleiß lohnt, wenn sie Zeitungen austragen für 30 Euro im Monat und das Geld angerechnet wird bis auf 5,30?
Wie bringt man ihnen bei mit Geld umzugehen, wenn man ihnen kein Taschengeld geben kann?
Wie bringt man ihnen bei, das Agression kein Weg ist, wenn sie ständig zugeben müssen nicht ins Kino/Schwimmen/in die Disco gehen zu können, weil sie kein Geld haben?
Wie erklärt man ihnen, wie Deutschland funktioniert, wenn sie sehen das man selber sich abstrampelt um nur immer wieder auf dem Bauch zu landet und keine Chance bekommt?
Ich soll Arbeit suchen und seh grad aus wie ein Schluck Wasser in der Kurve, weil ich vor Sorgen nicht mehr weiß wie es weiter geht. Ende Juli keine Wohnung mehr über dem Kopf, eine neue nicht in Sicht, von Arbeit ganz zu schweigen. Klar, sind noch 2 Monate Zeit, aber sorry, mit Kindern für die man Verantwortlich ist, finde ich sind 2 Monate wenig und diese Unsicherheit macht mich fertig.
Erst war es die Einführung von 400 Euro Jobs, die ne Menge Arbeitsplätze frass, dann kam Hartz 4, die Einführung der Quartalsbeiträge beim Arzt (ich frage mich immer wieder, was ein Rentner der eine Mini-Rente bekommt am Ende des Monats macht wenn er krank wird)
Ziel des Ganzen scheint zu sein, das sich mindestens 2,5 Millionen Arbeitsloser nen Strick nehmen.
Wer bis hierher gelesen hat, danke!
DC