Kostentragung durch Sozialhilfeträger
a) Anspruchsberechtigte
Nach § 74 SGB XII (früher: § 15 BSHG) sind die erforderlichen Kosten einer Bestattung
vom Sozialhilfeträger zu übernehmen, soweit dem hierzu Verpflichteten die
Kostentragung nicht zugemutet werden kann. Anspruchsberechtigter nach § 74
SGB XII ist derjenige, der rechtlich zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet
ist.118 Verpflichteter i.S.d. § 74 SGB XII ist aber nur, wer der Kostenlast von vornherein
nicht ausweichen kann, weil sie ihn rechtlich notwendig trifft.119 Verpflichteter ist
nach diesem neuen Urteil des BVerwG nicht, wer als Bestattungsberechtigter Kostenverpflichtungen
eingeht, sondern nur, wer rechtlich (erbrechtlich, familienrechtlich,
landesrechtlich) zur Kostentragung verpflichtet ist. Dies ist zunächst der Erbe. Die
Vorschrift des § 74 SGB XII stellt ihm einen sozialhilferechtlichen Anspruch eigener
Art zur Verfügung, dem auch nicht entgegensteht, dass die Bestattung bereits vor Unterrichtung
des Sozialhilfeträgers durchgeführt worden ist und die Kosten vor seiner
Entscheidung beglichen worden sind.120 Neben dem Erben kommt jedoch auch eine
Anspruchsberechtigung der nach dem Bestattungsrecht öffentlich-rechtlich zur Vornahme
der Bestattung verpflichteten Angehörigen in Betracht, wenn diese den Bestattungsauftrag
erteilt haben, hieraus nach den §§ 631 ff. BGB dem Bestattungsunternehmer
das vereinbarte Entgeld schulden und ihrerseits von keinem anderen zivilrechtlich
vorrangig Verpflichteten Ersatz oder Freistellung erlangen können.121
Ein Heimträger, der aufgrund Heimvertrages zur Bestattung eines Heiminsassens
berechtigt ist, den insoweit aber weder eine landesrechtliche Bestattungspflicht noch
eine vertragliche Kostenverpflichtung trifft, ist nicht „Verpflichteter“ i.S.d. § 74
SGB XII.122 Anders hatte zuvor das OVG Lüneburg entschieden.123 Danach besteht
für den Fall, dass ein Heimbewohner im Heimvertrag vereinbart hat, dass der Heimträger
für die Bestattung sorgen soll, wenn Angehörige nicht rechtzeitig erreicht werden
können, ein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Übernahme der erforderlichen,
durch Leistungen anderer nicht gedeckter Kosten besteht. Wer allerdings die
Durchführung oder Bestattung lediglich aus dem Gefühl sittlicher Verpflichtung,
aber ohne Rechtspflicht übernimmt, ist nicht „Verpflichtetet“ i.S.d. § 74 SGB XII.124
Unzumutbar ist die Kostentragung für die Verpflichteten, wenn die Kosten der Bestattung
aus dem Nachlass nicht gedeckt sind. Dabei sind die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse der Verpflichteten zu berücksichtigen. Ist ein, auch erst
nachrangiger, Angehöriger sehr wohlhabend, so kann ihm i.d.R. die Übernahme der
Kosten zugemutet werden. Ist noch offen, ob der Erbe überhaupt die Erbschaft annimmt, muss der Sozialhilfeträger ggf. in Vorleistung treten.
Verpflichtet zur Kostenübernahme
ist gem. § 98 Abs. 3 SGB XII der örtliche Sozialhilfeträger, der bis zum
Tod des Verstorbenen diesem Sozialhilfe gewährte. Hat der Verstorbene zu Lebzeiten
keine Sozialhilfe erhalten, steht dies dem Anspruch gem. § 74 SGB XII nicht entgegen.
Auch in diesem Fall ist der örtliche Sozialhilfeträger (kreisfreie Städte und Landkreise)
zur Kostenübernahme verpflichtet, in dessen Bereich der Ort der Bestattung (Erdoder
Feuerbestattung) liegt.
Die Verpflichtung zur Kostenübernahme bedeutet nicht, dass nunmehr der Sozialhilfeträger
die Bestattung auszurichten hat. Dies bleibt Aufgabe und Verpflichtung der
Totenfürsorgeberechtigten.
b) Umfang der Kostenerstattung
Der Sozialhilfeträger ist zur Erstattung der „erforderlichen“ Kosten verpflichtet. Dieser
Begriff ist enger als die „Kosten einer Bestattung“, die der Erbe gem. § 1968 BGB
zu tragen hat. Eine Kostenübernahme erfolgt nur insoweit, als der Nachlass oder Versicherungsleistungen
für die erforderlichen Bestattungskosten nicht ausreichen. Bemessungsgrundlage
für die erforderlichen Kosten ist eine der Würde des Toten entsprechende
Bestattung, also ein ortsübliches und angemessenes Begräbnis.125 Zu den
erforderlichen, zu übernehmenden Kosten zählen die Kosten der Beschaffung des
Grabplatzes, ein einfaches Grabkreuz, Urne, Benutzung der Leichenhalle, Sarg, Grabeinfassung,
die Gebühren für das Grabgeläute und das Orgelspiel bei der Trauerfeier
und wohl auch die Kosten für einen Grabstein (str.), sowie eine einfache Erstbepflanzung
des Grabes.126 Darüber hinaus sind zu ersetzen die Aufwendungen für die Leichenschau,
die Leichenbeförderung und die Leichengebühren sowie die Kosten der
Verständigung der Angehörigen. Zu den nicht zu übernehmenden Kosten gehören
nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch die Kosten für die Mitwirkung
eines Geistlichen.127 Grundsätzlich sind die Kosten religiöser Bestattungsfeiern
allerdings von den betreffenden Religionsgemeinschaften zu tragen. Nicht zu den von
den Sozialhilfeträgern zu übernehmenden erforderlichen Kosten gehören Aufwendungen
für die Grabpflege, die Trauerkleidung, Reisekosten der Angehörigen zum
Bestattungsort sowie Überführungskosten an einen anderen Ort und die Kosten für
Leichenschmaus sowie die Exhumierung.128
Der Sozialhilfeträger hat die Kosten für eine Erdbestattung auch dann zu übernehmen,
wenn diese teurer sind als diejenigen einer Feuerbestattung. Umgekehrt ist er
jedoch nicht verpflichtet, Kosten einer Feuerbestattung zu übernehmen, wenn diese
höher waren als die Kosten einer Erdbestattung. Der Erstattungsanspruch darf nicht
auf die Höhe einer billigeren Feuerbestattung gekürzt werden, wenn der Verstorbene
sich für eine Erdbestattung ausgesprochen hat oder aber sein Wille nicht nachweisbar
ist und die bestattungspflichtigen Angehörigen sich für die Erdbestattung entschieden
haben.129
Umstritten ist, ob der Sozialhilfeträger die Kosten übernehmen muss, die entstehen,
wenn ein im Inland Verstorbener im Ausland bestattet werden soll. Dies ist zumindest
dann abzulehnen, wenn eine Bestattung nach dem religiösen Brauchtum auch in Deutschland durchgeführt werden kann und die Bestattung im Ausland hierzu in einem
unverhältnismäßigen Aufwand steht.
Grundsätzlich gehören die aufgewandten Sozialhilfeleistungen zu den Nachlassverbindlichkeiten.
Die Erben sind gem. § 1967 BGB zum Ersatz verpflichtet, jedoch ist
die Haftung der Erben auf den Nachlass beschränkt. Erben, die mit dem Unterstützten
bis zu seinem Tode nicht nur vorübergehend in häuslicher Gemeinschaft gelebt
oder ihn ohne rechtliche Verpflichtung oder ohne Gegenleistung unterstützt haben,
können den Ersatz verweigern, falls die Geltendmachung ihnen gegenüber eine besondere
Härte bedeuten würde. Das gleiche Recht steht unterhaltsberechtigten Angehörigen
als Erben zu, solange sie nicht nur vorübergehend in öffentlicher Sozialhilfe
stehen.