Fastenzeit für HartzIV er?

Im Jahr 2022 soll anstelle von Hartz 4 das Bürgergeld kommen.
An dieser Stelle hatte ich über Jahre das Hartz 4 Forum für Diskussionen rund um Hartz 4 zur Verfügung gestellt.

Nun wird Hartz 4 bald Geschichte sein und in Bürgergeld umgetauft werden.
Es soll beim Bürgergeld aber auch viele Änderungen geben.

Ich möchte hier im Forum alle recht herzlich einladen sich zum neuen Bürgergeld auszutauschen.


Jeder der sich im Bürgergeld Forum kostenlos registriert kann auch Antworten direkt an Seine E-Mail Adresse geschickt bekommen.

Ich hoffe das dieses Forum ein wenig bei den vielen Fragen zum neuen Bürgergeld behilflich sein kann.

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moselkerl
Beiträge: 150
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Fastenzeit für HartzIV er?

Beitrag von moselkerl »

Die Fastenzeit geht bei Hartz IV weit über die Osterfeiertage hinaus.
Schon einige Jahre ist Jürgen arbeitslos. Mit 24 Jahren ist das sicherlich kein Glücksfall. Doch ab
September 2006 durfte er eine Bildungsmassnahme der ARGE in B.... besuchen und seine
Berufsschulreife nachholen. Es war keine richtige Schule, sondern die Gesellschaft schreibt:
„Jürgen ist seit dem 01. 09. 2006 in unserer Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahme für
unter 25-jährige der Lernen und Arbeiten gGmhH, im Rahmen SGBII/Ein-Euro-Job eingebucht“,
eigentlich so 1 € Job ohne 1 €. Als „Partner ab Beginn des 19. Lebensjahres“ sieht das Gesetz für
ihn 90 % der Regelleistungen vor, also 311,- €. Die bekam er auch. Im Dezember 2006
funktionierte diese Partnerschaft nicht mehr, so wie bei vielen Paaren, wenn die wirtschaftlichen
Belastungen die Liebe zerstören. Jürgen kroch wieder bei seiner Mutter unter. Er war froh, dort
wohnen zu können. In der Bedarfsgemeinschaft seiner Mutter, wurde Jürgen nun wieder Kind. So
sieht es auch dieses Gesetz vor. „Kinder ab Beginn des 15. Lebensjahres bis zur Vollendung des 25.
Lebensjahres“ stehen 80 % der Regelleistungen zu. Jürgen standen nach dem Gesetz nun 276,- €
dieser Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) zu. Doch gleich nach der Ummeldung vom JobCenter B... zum JobCenter
X.... war sein neuer zuständiger Bearbeiter der Meinung, Jürgen ist
Kindergeld beziehungsberechtigt. Die Bearbeiter in B.... sahen das wohl ganz anders.
Der junge Mann besuchte ja immer noch fleissig diese Bildungsmassnahme „Lernen und Arbeiten“
der ARGE B..... In seinem 1. Bescheid des JobCenters in X.... wurden Jürgen
wirklich gleich 154,- € Kindergeld als Einkommen angerechnet und auch sofort von seinem
Regelsatz einbehalten. So betragen seine bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt
ab 1. Februar 2007 nun ganze 122,- €. Als Jürgen seinem Bearbeiter im JobCenter im
Februar die Frage nach dem Kindergeld stellte, belehrte dieser ihn. Jürgen sollte nun einen Antrag
auf Kindergeld bei der Familienkasse stellen. Die Familienkasse ist ebenfalls der Bundesagentur für
Arbeit zugeordnet. Nach einigen Anrufen bei der Familienkasse kam ein Stapel von
Vordrucken an, die Jürgen und seine Mutter mit gutem Gewissen und Wissen ausfüllten. Doch da
fehlte ja immer noch das Abschlusszeugnis dieser ARGE eigenen Bildungsmassnahme, das er nun
beibringen sollte. Als Jürgen die Prüfungen Ende Februar 2007 glücklich bestanden hatte, kam auch
dieses Zeugnis und wurde sofort dem Kindergeldantrag nachgereicht. Doch Kindergeld gab es nicht.
Statt dessen wurde ihm in den folgenden drei Monaten jeweils 154,- € Kindergeld als Einkommen
angerechnet und von seinen Regelleistungen abgezogen. Für diese drei Monate war bei 122,- €
Arbeitslosengeld II ständig für Jürgen Fastenzeit.
Am 27. 03. 2007 kam nun für die Bedarfsgemeinschaft ein neuer Bescheid an, gültig bis zum 30.
09. 2007. Weiterhin werden für Jürgen monatlich 154,- € Kindergeld als Einkommen angerechnet
und von dem Arbeitslosengeld einbehalten. Die Fastenzeit geht jetzt für ihn eben bis September
2007 weiter. In den 11 Seiten des Bescheids der ARGE gibt es viele unerklärliche
Zahlen. Für Jürgen sind in einigen Spalten unter „Bedarf nach Einkommensberücksichtigung“ jetzt
für die Monate April bis Mai nur 7,50 € eingetragen, für den Monat Juni 2007 werden 17,69 €
ausgewiesen. Wie diese Zahlen überhaupt entstehen, wusste keiner der befragten Bearbeiter, die die
Bescheide erstellt haben. Alle behaupteten, dass diese Zahlen durch die verwendete Software
errechnet werden und nicht erklärbar sind.
Am Wochenende haben wir gemeinsam nun einen Widerspruch ausgearbeitet und gleich in den
Briefkasten gesteckt. Die 1,45 € für die Briefmarke hat eine Nachbarin beigesteuert.
Heute habe ich wieder die ARGE angerufen und es gelang mir bis zum Leiter dieser
Behörde vorzudringen. Unser Widerspruch ist eingegangen und wird bearbeitet. „Doch da gibt es
noch einen weiteren Widerspruch eines anderen Unzufriedenen und der kommt zuerst dran“, sagte
die zuständige Bearbeiterin. Meine eindringliche Schilderung des Falles machte keinen besonderen
Eindruck auf den Behördenleiter. „Jetzt am Monatsanfang muss dieser Mann ja noch Geld haben“
und „Sie müssen uns schon Zeit lassen für die Bearbeitung“, fügte er hinzu.
Da gibt es also zu diesem Osterfest kein kleines Festmahl für diesen Hartzer und auch kein Osterei.
Eine Einladung des Behördenleiters für Jürgen bei ihm vielleicht einmal zum Osteressen vorbeizukommen, hat er nicht
ausgesprochen, doch einige Worte wie „Sparsam wirtschaften und nicht verschwenden“ klingen mir
noch im Ohr.
Am Nachmittag sehe ich Jürgen vor der Speisekarte eines Ausfluglokals im Ort stehen. Auf der
Tafel steht “1/2 Hähnchen mit Pommes und Salat 7,50 €”. Doch Jürgens Tagessatz beträgt 3,94 €
für einen ganzen Tag Leben.
Frohe Ostern!
PS.: Entschuldigen Sie bitte dieses unmögliche Deutsch, ich habe nur die Begriffe aus dem
Schreiben der ARGE JobCenter verwendet.
Meine Antworten stellen persönliche Ansichten und Meinung zu den Themen dar.
Sie sollen nicht als Rechtsberatung verstanden werden weil sie das nicht sind.
Ladyguenes
Beiträge: 154
Registriert: 10.03.2007 17:49

Beitrag von Ladyguenes »

:roll: ..na jetzt bin ich aber baff...aber du hast es richtig gut geschrieben, auf den punkt gebracht sozusagen...frohe ostern trotzdem ---> die kopfschüttelnde Ladyguenes.
maria1106
Beiträge: 1069
Registriert: 21.12.2006 11:26
Wohnort: Hamburg

Beitrag von maria1106 »

Das wäre ein schöner Artikel zu Ostern in der Zeitung !!!!
LG
Silvia
Kossi
Beiträge: 106
Registriert: 04.02.2007 18:39
Wohnort: Cottbus

Beitrag von Kossi »

sehr guter artikel für eine zeitung,alleine schon für diejenigen die meinen mit hartz 4 kann man"s so richtig krachen lassen...
Trotzdem frohe ostern :wink:
CharlyChanGo
Beiträge: 2
Registriert: 10.04.2007 05:35
Kontaktdaten:

Beitrag von CharlyChanGo »

Ja so eine Schweinerei...echt, Kopfschüttel
Aber so sinds ,
Mir hams mal 4 Monate gar kein Geld überwiesen , weils die unterlagen verschlampert hatten,
zudem dann noch auch unvollständig neu angefordert
Gruss
Charly
moselkerl
Beiträge: 150
Registriert: 10.02.2007 16:44
Wohnort: Bad Bertrich

Echt gut gelaufen

Beitrag von moselkerl »

Alles erledigt. Leider haben einige Zeitungen, auch Rundfunk keinen Bedarf für den Beitrag gehabt. Darum gib der Artikel nun an die Hauptstadtvertretung der Bundesagentur für Arbeit nach Berlin.
Hier die Antwort.

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Ihre Beschwerde habe ich zuständigkeitshalber an die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg (Kundenreaktionsmanagement) und an die Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland (Kundenreaktionsmanagement) in Saarbrücken weitergeleitet. Sie erhalten von dort Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen
.......Name......
Bundesagentur für Arbeit
Hauptstadtvertretung


Heute kamen die neuen Bescheide der örtlichen ARGE JobCenter vom 04.04.07 per reitenden Boten bei der Familie hier an. Nachzahlung ab 01. 02. erfolgt auf den Widerspruch.
Begründung:
"Einnahmen sind jedoch nur als Einkommen zu berücksichtigen, sofern sie dem Hilfsbedürftigen als bereites Mittel zur Verfügung stehen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der Antrag auf Kindergeld für ..... von der Familienkasse der Agentur für Arbeit noch nicht bearbeitet wurde. Aus diesem Grunde war auch ab 01. 02. kein Einkommen aus Kindergeld anzurechnen".

Da war ein sehr fixer und fleissiger Osterhase über die Feiertage an der Arbeit! Gut gemacht HASE!
Meine Antworten stellen persönliche Ansichten und Meinung zu den Themen dar.
Sie sollen nicht als Rechtsberatung verstanden werden weil sie das nicht sind.
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